Unmittelbar nach der Ernte wird die Kartoffel aussortiert, weil sie nicht eiförmig ist. Im Winter schimmeln die Tomaten im Lager, noch bevor sie in den Handel gelangen. Und zu Hause landet der Joghurt ungeöffnet in der Tonne, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum gestern war.
Lebensmittelverschwendung beginnt auf dem Acker - in Europa gehen jedoch große Mengen in den privaten Haushalten verloren. In einer Zeit steigender Lebensmittelpreise in Deutschland und wachsender globaler Krisen ist das ein Widerspruch, den wir uns kaum leisten können.
Lebensmittel sind wertvoll – warum behandeln wir sie nicht so? Und was ist vermeidbar?
Weltweit werden laut dem UNEP jedes Jahr rund 1,05 Milliarden Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Und das entlang der gesamten Wertschöpfungskette; also bei der Lagerung, im Handel oder zuletzt in unserer Küche.
Diese 1,05 Milliarden Tonnen beinhalten auch einen verlorenen gegangenen Arbeitsaufwand, Verlust von Ressourcen, Ackerland und Energie.
Auf der Produktionsebene wird aussortiert: nicht benötigte Mengen werden weggeworfen, unästhetisches Gemüse und Obst lässt sich nicht gut verkaufen und wird deshalb vorab entsorgt. Auch beim Transport oder der Lagerung und im Supermarkt entstehen Verluste.
Die Landwirtschaft ist betroffen und Teil des Problems. Auch wir als Verbraucher*innen können und müssen Teil der Lösung sein!
Nur wo setzen wir an?
Durch übermäßigen Einkauf, falsche Lagerung oder Missverständnisse rund um das Mindesthaltbarkeitsdatum behandeln wir Lebensmittel als Wegwerfware.
In Europa sind wir an die ständige Verfügbarkeit sämtlicher Produkte gewohnt. In Supermärkten werden breite Produktpaletten bereitgehalten, was zu Überschüssen führen kann, wenn die Nachfrage danach geringer wird.
Anders sieht es in Ländern des globalen Südens aus. Einige Kleinbäuer*innen müssen verfrüht ernten, entweder weil die Nahrung knapp ist oder aufgrund von Geldmangel, sodass sie die Ernte verkaufen müssen. Dadurch sind die Erzeugnisse oft weniger nahrhaft und wirtschaftlich weniger wertvoll – und können ungenutzt bleiben, wenn sie nicht verwertbar sind.
Auch können Erträge nicht haltbar gemacht werden; in wärmeren Ländern verderben Ernteerzeugnisse, weil es bei der Lagerung an Kühlsystemen mangelt.
Auf der Ebene der Verbraucher*innen ist die Lebensmittelverschwendung in Lateinamerika oder auch Süd- und Südostasien deutlich geringer als in Nordamerika oder Europa. Aufgrund von niedrigerem Einkommen oder Armut, ist die Verschwendung von Essen in privaten Haushalten dann nicht tragbar.
Gleichzeitig verlieren wir in Deutschland den Bezug zu dem Wert von Lebensmitteln: dafür sind sie zu selbstverständlich und trotz der Lebensmittelpreisanstiege zu günstig. Doch das muss sich ändern.
Nur weil die Konsequenzen nicht direkt spürbar sind, heißt es nicht, dass wir es uns leisten können, Lebensmittel zu verschwenden.
Es ist wichtig und zugleich herausfordernd, die Produktmengen an unseren Bedarf anzupassen. Klappt das mal nicht, kommt es vor, dass das berüchtigte Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wird.
Und nun?
Zunächst ist das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht das Verfallsdatum, was einige oft noch verwechseln. Viele Produkte sind auch Wochen danach noch genießbar – wenn sie gut aussehen, riechen und schmecken, sind sie oft noch problemlos essbar.
Bei leicht verderblichen Produkten ist das Verbrauchsdatum entscheidend – beispielsweise bei tierischen Produkten.
Wer solche Missverständnisse kennt, kann bewusster handeln - was können wir im Alltag konkret tun, um Verschwendung zu vermeiden?
Um etwas zu verändern, können kleine Gewohnheiten den Unterschied machen.
Das kann der Einkaufszettel sein, um sich bewusster Gedanken über den eigenen Konsum zu machen.
Bei der Lagerung kann man schon viel verändern: Unten ist das Kühlschrankfach am kältesten, dort haben verderbliche Nahrungsmittel ihren Platz. Reste lassen sich prima einfrieren und verwerten. Dabei kann man sich auch viel ausprobieren.
Oft lässt sich mehr aus den Lebensmitteln machen, als man denkt. Gemüse- und Obstschalen lassen sich vielfältig verwenden, ebenso das Blattwerk vieler Gemüsesorten.
Einen großen Unterschied macht der Griff zu regionalen und saisonalen Produkten. Das hat viele Vorteile.
Dadurch wird CO₂ eingespart, beispielsweise durch kürzere Transportwege oder den Entfall der Beheizung und Kühlung.
Eine großartige Unterstützung dabei sind beispielsweise auch Saisonkalender.
Somit ist jeder Einkauf eine Entscheidung und immer ein Auftrag an die Landwirtschaft.
Das wollen wir beim Weltacker ausdrücken. Denn jeder Bissen hat seinen Ort. Und jeder Bissen verdient dieses Bewusstsein und die Wertschätzung darüber.